18 Jul Gautschete – Vom Regen in die T(r)aufe
Nach erfolgreichem Lehrabschluss wurden am Dienstag, 12. Juli 2016, gleich drei Lehrlinge der Merkur Druck AG zu Schwarzkünstlern getauft – oder gegautscht –, wie dies im Fachjargon heisst. Das traditionelle Ritual war eine feuchtfröhliche Angelegenheit. Als ob der diesjährige Sommer auch sonst nicht schon genügend nass wäre …
Da kann die Abschlussprüfung noch so erfolgreich ausfallen; wer im Druckgewerbe nicht über den Gautschbrief verfügt, ist kein richtiger Schwarzkünstler! Oder eine Schwarzkünstlerin wie Tatjana Büttikofer, die ihre Ausbildung zur Druckweiterverarbeiterin mit Bravour abgeschlossen hat. Zwei frischgebackene Polygrafen wurden gleichermassen als Jünger Gutenbergs getauft: Tim Krieger und Cyrill Siegrist sind ebenfalls sehr erfolgreiche Lehrabgänger und stolze Besitzer des Fähigkeitszeugnisses. Und natürlich ist auch die Merkur Druck AG stolz auf die vier jungen Berufsleute. Mit Sophie Hofer hat die Niederlassung in Burgdorf nämlich ebenfalls eine erfolgreiche Polygrafen-Lehrabgängerin zu feiern.
Abgeleitet ist das Taufritual vom Entwässerungsvorgang bei der Papierherstellung, die im 16. Jahrhundert Gautschen genannt wurde. Nebst den religiösen Zeremonien haben wahrscheinlich nicht viele andere Brauchtümer diese hunderte von Jahren überdauert. Da mag sich die Technik und damit die Berufe des Druckgewerbes noch so verändert und modernisiert haben; die Schwarzkünstlertaufe wird auch heute noch im selben Wortlaut zelebriert wie zur Zeit des Kaisers Friedrich des Dritten.
Und so war es also wieder mal «angerichtet»: Die Eltern der Täuflinge wurden informiert, ein wunderschöner alter Holzzuber erstanden und der Apéro vorbereitet. Nur die Lehrabgänger sollten vom Zeitpunkt des Gautschens nichts mitbekommen, denn diese hat quasi überfallartig vonstattenzugehen. Nach einigen durchaus amüsanten und gleichermassen schreckhaften Fehlalarmen galt es dann um 16 Uhr ernst: Wer in der Merkur Druck AG über gutes Muskelwerk verfügt – und das sind einige Männer –, packte auf Kommando die ehemaligen Lehrlinge und verfrachtete diese in kleine Paketwagen. Flankiert von der belustigten Belegschaft wurden die drei frischgebackenen Berufsleute zum Ort des Geschehens geführt. Dort erwartete der Gautschmeister im Regen die stattliche Schar und leitete mit den altüberbrachten Worten die Taufe ein: «Packt an! Lasst seinen corpus posteriorum fallen auf diesen Schwamm, bis triefen beide Ballen! Der durst’gen Seele gebt ein Sturzbad obendrauf; das ist dem Sohne/der Tochter Gutenbergs die allerbeste Tauf’!». Alle Gegenwehr – und die war zum Teil beträchtlich – nützte wie immer nichts, und eine nach dem anderen wurden sie etwas unsanft in das Bad geworfen und untergetaucht, wie die Tradition es will. Überall strahlende Gesichter, Gratulationen, nasse Umarmungen, stolze Mütter, Väter, Lehrmeister und Arbeitskollegen!
Auf den erfolgreichen Lehrabschluss wurde anschliessend ergiebig angestossen und auf eine tolle Zukunft der glücklichen und erleichterten ehemaligen Lehrlinge, wo immer diese sie auch hinführen mag. Abschluss heisst manchmal auch Abschied, und in das gemischte Nass mag sich hier und dort auch eine kleine Träne eingeschlichen haben …