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Cyrill Neuenschwander – Gutenbergs neuer Sohn

Die Tradition geht bis ins 16. Jahrhundert zurück, dass ein Schriftsetzer oder Buchdrucker nach bestandener Abschlussprüfung in Form einer Art Taufzeremonie in den exklusiven Kreis der Jünger Gutenbergs aufgenommen wird. Ursprünglich wurde der Entwässerungsschritt nach dem Schöpfen des Papiers «Gautschete» genannt, und so weit davon entfernt ist der Schwarzkünstlerbrauch gar nicht. Vor allem hat er sehr viel mit Wasser zu tun, was der erfolgreiche Lehrabgänger der Merkur Druck AG, Cyrill Neuenschwander, als frischgebackener Polygraf am Mittwoch, 8. Juli 2015 am eigenen Leib erfahren durfte.

Es ist vor allem der Überraschungseffekt, der zählt: So musste unter strengster Geheimhaltung dem Täufling gegenüber die Zeremonie geplant und vorbereitet werden. Dies war die Aufgabe des Lehrmeisters Jan Meli. Der ehemalige Lehrling wusste lediglich, dass es «in den nächsten Tagen» passieren würde. Es gehört auch zum Brauch und vor allem zur allgemeinen Belustigung, dass dem «Opfer» vor dem Ernstfall dieser immer wieder vorgetäuscht wird, – wie auch mehrmals bei Cyrill Neuenschwander geschehen – manchmal mehr, meistens weniger zu seinem Schrecken.

Als es dann am Mittwoch losging, hatten die vier Packer trotz des überfallartigen Angriffs beileibe kein leichtes Spiel, ist der Täufling doch alles andere als ein kleiner Fisch. Doch weil es bis jetzt noch alle erwischt hat, landete auch Cyrill im vergitterten Wägelchen, das ihn zum Ort des Geschehens transportierte. Eine Schar Schaulustiger der Merkur Druck und die – zu Recht – stolzen Eltern Neuenschwander aus Herzogenbuchsee bildeten das Geleit. Beim Brunnen in Form einer alten Badewanne angekommen, durfte der Täufling kurz auf einem Stuhl Platz nehmen. Zu bequem sollte dies für ihn allerdings nicht werden, darum wurde der Sitz vorher mit zwei triefend nassen Schwämmen versehen.

Einer überlieferten Formel folgend, ausgerufen durch den Gautschmeister, wurde nun das Ritual vollzogen. Zwei Kessel kaltes Wasser als Sturzbad dienten als letzte Vorbereitung für den anschliessenden Wurf in die Wanne, obligates Kopf-Untertauchen inklusive. Unter grossem Applaus wurde ein neuer Sohn Gutenbergs aus der Taufe gehoben! Dem taufrischen Schwarzkünstler durfte beim einen und anderen Gläschen und Häppchen nun ausgiebig gratuliert werden. Vier lehrreiche Ausbildungsjahre fanden mit dieser Zeremonie ihren würdigen und freudigen Abschluss.